Beschluss vom 28.08.2025 -
BVerwG 1 WB 33.24ECLI:DE:BVerwG:2025:280825B1WB33.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.08.2025 - 1 WB 33.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:280825B1WB33.24.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 33.24

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk, den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Sendner und den ehrenamtlichen Richter Oberleutnant Käßler am 28. August 2025 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen seine Ablösung vom Zugführerlehrgang und seine Herausnahme aus dem 91. Offizieranwärterjahrgang.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit. Zuletzt wurde er am 1. Juli ... zum Leutnant befördert und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 9 G eingewiesen. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich ...

3 Nachdem der Antragsteller den Laufbahnwechsel von der Laufbahn der Reserveoffizieranwärter in die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes beantragt hatte, bot ihm das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt) mit Schreiben vom 11. Juli 2022 die Übernahme zum 1. August 2022 unter Zuordnung zum 91. Offizieranwärterjahrgang an. Das Schreiben enthielt den geplanten Ausbildungsablauf, der unter anderem von Februar 2023 bis Dezember 2023 den Offizierlehrgang Teil 3 (OL 3) vorsah und wies auf mögliche Beförderungen, unter anderem zum 1. Juli 2024 zum Leutnant hin. Mit der Übernahme und Zuordnung erklärte der Antragsteller sich einverstanden.

4 Ausweislich einer ärztlichen Mitteilung für die Personalakte vom 14. September 2023 war der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt verwendungsfähig mit erheblichen Einschränkungen. Er sei bis einschließlich 17. Oktober 2023 von Märschen, Sport und Geländedienst zu befreien. Nach einer erneuten Vorstellung beim Facharzt und fachärztlicher Begutachtung solle erneut über seine Lehrgangstauglichkeit entschieden werden.

5 Mit Bescheid des Bundesamts vom 29. September 2023 wurde der Antragsteller mit sofortiger Wirkung vom Zugführerlehrgang abgelöst und dem 92. Offizieranwärterjahrgang zugeordnet. Seine weitere Ausbildung und Beförderung sollte mit diesem erfolgen. Die Ablösung sei durch die Ausbildungseinrichtung beantragt worden, weil der Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen das Lehrgangsziel nicht mehr erreichen könne. Die anteilige Neueinplanung für den OL 3 sei für das Jahr 2024 vorgesehen.

6 Am 27. Oktober 2023 legte der Antragsteller Beschwerde "gegen die Personalmaßnahme vom 29.09.2023 mit dem Aktenzeichen 32-08-05" ein. Zur Begründung trug er mit Schreiben vom 20. November 2023 vor, dass er aufgrund seiner ethnischen Herkunft und seines Alters diskriminiert werde. Durch die Entscheidung werde sein Werdegang in der Bundeswehr unnötig erschwert, seine Beförderung immer weiter nach hinten verschoben und seine Laufbahn gefährdet. Eine andere Soldatin habe sich während des OL 3 so verletzt, dass sie auf Krücken angewiesen gewesen sei. Sie habe anders als er weiter an der Ausbildung teilnehmen dürfen und er nicht, obwohl sie noch eingeschränkter gewesen sei als er. Ein anderer Soldat sei im Vorjahr vom OL 3 abgelöst worden, sei aber nicht im Offizieranwärterjahrgang zurückgestuft worden.

7 Mit E-Mail vom 7. November 2023 teilte der Inspektionschef der ... Inspektion der Schule ... der Bundeswehr (im Folgenden: Inspektionschef) dem Bundesamt mit, dass die Ablösung des Antragstellers allein aufgrund medizinischer Ursachen erfolgt sei. Seine Nachfrage, ob der Antragsteller sich in der Lage sehe, die weitere Teilnahme an den noch verbleibenden Ausbildungsabschnitten nach eigenem Ermessen zu absolvieren, habe dieser verneint und angegeben, er wolle seine Verletzung erst auskurieren. Daraufhin habe er den Antragsteller vom OL 3 abgelöst. Der Antragsteller habe verschiedene Ausbildungsabschnitte verpasst, was zur Nicht-Zuerkennung "ZgFhr SK" führe. Diese Abschnitte seien nachzuholen, was er dem Antragsteller im persönlichen Gespräch eröffnet habe. Des Weiteren habe er dem Antragsteller die möglichen Konsequenzen, etwa der Rückstufung in den Folge-Offizieranwärterjahrgang und des Aufschubs der Beförderung zum Oberfähnrich aufgezeigt. Der Antragsteller sei dennoch bei seiner Entscheidung geblieben.

8 Mit Bescheid vom 14. Mai 2024 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde des Antragstellers zurück. Diese sei zulässig, jedoch unbegründet.

9 Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften komme eine Ablösung von einem Lehrgang bei temporären gesundheitlichen Einschränkungen, die das Erreichen des Lehrgangszieles gefährdeten oder gar unmöglich machten, in Betracht. Die Ablösung des Antragstellers sei damit sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden gewesen.

10 Als Folge der Ablösung vom OL 3 sei auch die Zuordnung zum 92. Offizieranwärterjahrgang angezeigt gewesen. Gemäß der einschlägigen Verwaltungsvorschrift sei, wenn sich im Verlauf der Ausbildung herausstelle, dass ein Offizieranwärter den geforderten Ausbildungsstand in seinem Ausbildungsgang nicht erreicht habe, dem Offizieranwärterjahrgang zuzuordnen, für den er den erforderlichen Ausbildungsstand besitze. Dies sei regelmäßig der Offizieranwärterjahrgang, der zwölf Monate später eingestellt, übernommen oder zugelassen worden sei. Da eine erneute Teilnahme am OL 3 erst zusammen mit dem nachfolgenden Offizieranwärterjahrgang möglich sein werde, sei der Antragsteller demnach dem 92. Offizieranwärterjahrgang zuzuordnen gewesen.

11 Der Antragsteller sei auch nicht diskriminiert oder ungleich behandelt worden. Dem Antragsteller sei ebenso wie der Soldatin, der trotz einer Verletzung die weitere Ausbildung ermöglicht worden sei, die weitere Ausbildung im eigenen Ermessen angeboten worden. Der im Jahr 2022 abgelöste Soldat habe anders als der Antragsteller nur einen einzelnen Ausbildungsabschnitt verpasst. Die vom Antragsteller verpassten Ausbildungsabschnitte seien nicht ohne Weiteres in kurzen Präsenzphasen nachzuholen gewesen.

12 Am 5. Juni 2024 stellte der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit einer Stellungnahme vom 17. Juli 2024 dem Senat vorgelegt.

13 Der Antragsteller hat die Einbeziehung des Vertreters des Bundesinteresses und "die Öffentlichkeit" beantragt und vorgetragen, dass der Inspektionschef sich bei ihm erkundigt und ihm auch empfohlen habe, sich erst mal auszukurieren. Dann würde er ganz normal wieder im Folgejahr eingesteuert. Der Inspektionschef habe zu keinem Zeitpunkt erwähnt, dass er dem 92. Offizieranwärterjahrgang zugeordnet werden solle. Sonst hätte er wie andere Soldaten weiter am Lehrgang teilgenommen. Er fordere eine soldatenrechtliche Schadlosstellung als Oberfähnrich zum 1. Januar 2024 und als Leutnant zum 1. Juli 2024.

14 Einen ausdrücklichen Sachantrag hat der Antragsteller nicht gestellt.

15 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

16 Zur Begründung verweist es auf den Beschwerdebescheid. Der Antragsteller habe den OL 3, der die Befähigung vermittle, als Zugführer eingesetzt zu werden, nach wie vor nicht absolviert. Die Teilnahme sei weiterhin erforderlich, jedoch nicht konkret geplant. Nachteile für den Antragsteller ergäben sich daraus nicht. Dieser sei im Übrigen mit dem 92. Offizieranwärterjahrgang am 1. Juli ... zum Leutnant befördert worden.

17 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18 1. Der Antragsteller hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Sein Rechtsschutzbegehren ist daher im Lichte seines Sachvortrages dahin auszulegen (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 86 Abs. 3, § 88 VwGO), dass er die Aufhebung der Verfügung des Bundesamts und des Beschwerdebescheids erreichen will, um die Ablösung vom OL 3 und die Herausnahme aus dem 91. Offizieranwärterjahrgang sowie die daraus folgende Zuordnung zum 92. Offizieranwärterjahrgang rückgängig zu machen.

19 Dass der Antragsteller eine "soldatenrechtliche Schadlosstellung" im Sinne früherer Beförderungen fordert, ist zudem im Sinne der Gewährung umfassenden Rechtsschutzes dahingehend auszulegen, dass er hilfsweise die Feststellung begehrt, dass die Ablösung vom OL 3 und die Herausnahme aus dem 91. Offizieranwärterjahrgang rechtswidrig waren. Da der Antragsteller auf eine Anfrage des Berichterstatters, ob er den Anspruch auf Schadlosstellung im hiesigen Verfahren verfolgen wolle oder nicht und dass insoweit eine Verweisung in Betracht komme, nicht geantwortet hat, ist nicht davon auszugehen, dass er sein Begehren im vorliegenden gerichtlichen Verfahren entsprechend erweitert hat. An der Klageerhebung direkt beim insofern zuständigen Verwaltungsgericht ist er nicht gehindert.

20 2. Der Antrag hat keinen Erfolg.

21 a) Das mit dem Hauptantrag verfolgte Anfechtungsbegehren ist unzulässig, weil der Antrag unstatthaft geworden ist.

22 Zwar handelt es sich bei der Ablösung von dem Lehrgang ebenso wie bei der Herausnahme aus dem 91. und der Zuordnung zum 92. Offizieranwärterjahrgang um truppendienstliche Maßnahmen (vgl. zu ersterem BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juli 2004 - 1 WDS-VR 3.04 - juris Rn. 4 und vom 29. August 2024 ‌- 1 WB 5.24 - juris Rn. 37; zu letzterem BVerwG, Beschlüsse vom 1. Oktober 1997 - 1 WB 15.97 - BVerwGE 113, 148 <149> und vom 22. Mai 2025 - 1 WB 19.24 - juris Rn. 25). Der damalige Lehrgang ist aber mittlerweile beendet und die gesamte Offizierausbildung des 91. Offizieranwärterjahrgangs wurde im 1. Quartal 2024 abgeschlossen. Damit hat sich das Anfechtungsbegehren durch Zeitablauf erledigt, weil auch durch eine Aufhebung von Ausgangs- und Beschwerdebescheid die Rückführung in den damaligen Lehrgang und den 91. Offizieranwärterjahrgang nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2025 - 1 WB 19.24 - juris Rn. 27 <für eine Verpflichtungskonstellation>). Zudem wurde der Antragsteller mittlerweile zum Leutnant befördert, sodass auch aus diesem Grund die Zuordnung zu einem anderen Offizieranwärterjahrgang nicht mehr möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 1 WB 19.16 - juris Rn. 32).

23 b) Auch das mit dem Hilfsantrag verfolgte Feststellungsbegehren ist unzulässig (hierzu aa)), wäre im Übrigen aber auch unbegründet (hierzu bb)).

24 aa) Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, oder die Ablehnung einer solchen Maßnahme vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO), ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO verlangt zwar nicht mehr die Stellung eines förmlichen Feststellungsantrags; der Antragsteller muss aber das Feststellungsinteresse substantiiert geltend machen (stRspr, z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 - 1 WB 42.09 - juris m. w. N.).

25 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich das berechtigte Interesse an der Feststellung aus einem Rehabilitierungsinteresse, aus einer Wiederholungsgefahr oder aus der Absicht ergeben, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint; ein Feststellungsinteresse kommt auch in Betracht, wenn die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. Januar 2013 - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 26 und vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 6.13 - juris Rn. 24).

26 Ein mögliches Feststellungsinteresse ergibt sich aus dem Vortrag des Antragstellers nur wegen seiner Forderung nach "soldatenrechtlicher Schadlosstellung". Wird das Feststellungsinteresse auf die Absicht, einen Schadensersatzanspruch geltend zu machen, gestützt, so gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats einschränkend, dass die Erledigung erst nach Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten sein darf; nur in einem solchen Fall entspricht es dem Gedanken der Prozessökonomie, das ursprünglich anhängige Anfechtungs- oder Verpflichtungsbegehren mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme fortzusetzen, um die im Verfahren vor dem Wehrdienstgericht gewonnenen Erkenntnisse für das nachfolgende Schadensersatzverfahren zu erhalten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. Juli 2011 - 1 WB 13.11 - Rn. 21 und vom 27. Mai 2014 - 1 WB 54.13 - juris Rn. 19, jeweils m. w. N.). Ist die Erledigung dagegen bereits vor Rechtshängigkeit des Antrags auf gerichtliche Entscheidung eingetreten, so ist der Beschwerdeführer gehalten, seine Schadensersatzklage im Streitfall unmittelbar beim zuständigen (Verwaltungs- oder ordentlichen) Gericht zu erheben, das - neben den übrigen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs - inzident die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Maßnahme überprüft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2024 - 1 WB 23.24 - juris Rn. 29). So liegt der Fall hier.

27 Die Erledigung ist durch den Abschluss der Ausbildung des 91. Offizieranwärterjahrgangs im 1. Quartal 2024 bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten. Ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird erst mit der Vorlage rechtshängig (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2025 - 1 WB 61.24 u. a. - juris Rn. 14 m. w. N.), hier also am 17. Juli 2024.

28 bb) Wäre der Feststellungsantrag zulässig, so wäre er jedenfalls unbegründet.

29 Ein Soldat hat keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf eine Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte oder die zuständige personalbearbeitende Stelle nach pflichtgemäßem Ermessen über die Verwendung eines Soldaten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. September 2002 - 1 WB 30.02 - juris Rn. 8 m. w. N. und vom 14. Dezember 2017 - 1 WB 42.16 - juris Rn. 32 m. w. N.). Das gilt nicht nur für die Versetzung auf einen anderen Dienstposten, sondern auch für die ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Fortsetzung einer begonnenen Ausbildung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. August 2024 - 1 WB 5.24 - juris Rn. 52).

30 Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte oder die personalbearbeitende Stelle den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 114 VwGO). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27>, vom 14. Dezember 2017 - 1 WB 42.16 - juris Rn. 32 und vom 29. August 2024 - 1 WB 5.24 - juris Rn. 53).

31 Davon ausgehend war sowohl die Ablösung vom OL 3 (hierzu (1)) als auch die Herausnahme des Antragstellers aus dem 91. Offizieranwärterjahrgang (hierzu (2)) ermessensfehlerfrei.

32 (1) Nach den "Gemeinsamen Arbeitshilfen und Informationen für die Personalbearbeitung (MIL)" (GAIP) der Abteilungen III und IV des Bundesamts, Kennnummer 32-03-00 "Vorzeitige Versetzung von einem Dienstposten oder von einem Lehrgang oder Aufhebung einer Kommandierung" kann eine Ablösung erfolgen, wenn temporäre gesundheitliche Einschränkungen vorliegen, die das Erreichen des Lehrgangsziels gefährden oder sogar unmöglich machen. Demnach war eine Ablösung des Antragstellers schon wegen seiner mindestens einen Monat erheblich eingeschränkten Verwendungsfähigkeit ermessensfehlerfrei, zumal der unmittelbar nach der am 14. September 2023 erfolgten ärztlichen Begutachtung des Antragstellers beginnende Ausbildungsabschnitt "Schießausbilder bzw. Schießausbilderin Landoperationen" voraussetzt, dass der Lehrgangsteilnehmer gesundheitlich belastbar sein muss, um auch über mehrere Stunden an der praktischen Ausbildung auf der Schießbahn teilnehmen zu können (vgl. Nr. 112 <dort Fn. 2> der Allgemeinen Regelung "Schießausbilder bzw. Schießausbilderin Landoperationen" (AR C2-222/0-0-4753 VS-NfD). Auch für die anschließenden Ausbildungsabschnitte "Führung Gefechtsdienst" und "Truppenübungsplatz", bei denen nicht absehbar war, ob der Antragsteller zum jeweiligen Beginn wieder voll verwendungsfähig sein würde, ist nicht erkennbar, dass die gesundheitliche Belastbarkeit verzichtbar wäre.

33 Zudem hat der Inspektionschef dem Antragsteller die Entscheidung über die Ablösung selbst überlassen, worauf dieser sich dafür entschied. Zwar bestreitet der Antragsteller die Aussage des Inspektionschefs, ihn über die Konsequenz der Zuordnung zum 92. Offizieranwärterjahrgang aufgeklärt zu haben. Für den Senat besteht aber kein Anlass, an den in der Beschwerdeakte enthaltenen Angaben des Inspektionschefs zu zweifeln. Dieser hat von sich aus erklärt, entsprechende Hinweise erteilt zu haben, bevor der Antragsteller den Vorwurf einer mangelhaften Aufklärung im gerichtlichen Verfahren erhob. Das ist auch deshalb glaubhaft, weil die Allgemeine Regelung "Beförderung, Einstellung, Übernahme und Zulassung mil. Personals" (AR A-1340/49, Gültigkeitsbeginn 9. September 2022) und die Allgemeine Regelung "Offizierausbildung im Uniformträgerbereich Heer" (AR C2-227/0-0-5622, Gültigkeitsbeginn 13. September 2023) entsprechende Regelungen enthalten (dazu noch unten (2)). Zudem gibt der Antragsteller selbst an, dass der Inspektionschef gesagt habe, dass er - der Antragsteller – "ganz normal wieder im Folgejahr eingesteuert" werden würde. Auch in einen nachfolgenden Offizieranwärterjahrgang wird "eingesteuert" (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2025 - 1 WB 19.24 - juris Rn. 34), sodass schon kein zwingender Widerspruch zu den Angaben des Inspektionschefs besteht.

34 Dementsprechend liegt auch keine Ungleichbehandlung mit der Soldatin vor, die trotz einer Verletzung weiter am OL 3 teilnahm. Das Bundesministerium der Verteilungen hat unbestritten vorgetragen, dass diese sich - anders als der Antragsteller - auf Nachfrage des Inspektionschefs für die Fortsetzung der Ausbildung entschieden habe. Auch eine Ungleichbehandlung mit einem im Vorjahr abgelösten Soldaten liegt nach den unbestrittenen Angaben des Ministeriums nicht vor, weil der Antragsteller mehr Ausbildungsabschnitte verpasste als dieser. Anzeichen für eine Diskriminierung des Antragstellers aufgrund seiner ethnischen Herkunft sind weder konkret vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

35 (2) Nach Nr. 4146 AR A-1340/49 und Nr. 630 AR C2-227/0-0-5622 sind Offizieranwärter dem Offizieranwärterjahrgang zuzuordnen, für den sie den erforderlichen Ausbildungsstand besitzen, wenn sich im Verlauf der Ausbildung herausstellt, dass sie den geforderten Ausbildungsstand in ihrem Ausbildungsgang nicht erreicht haben. Die Zuordnung erfolgt regelmäßig zum Offizieranwärterjahrgang, der zwölf Monate später eingestellt, übernommen oder zugelassen worden ist. Vorliegend hat der Antragsteller durch seine Herausnahme aus dem OL 3 die Ausbildungsabschnitte "Schießausbilder bzw. Schießausbilderin Landoperationen", "Führung Gefechtsdienst" und "Truppenübungsplatz" verpasst. Infolgedessen hat er den Ausbildungsstand "Zugführer" in seinem Ausbildungsgang nicht erreicht. Für das Vorliegen eines Ausnahmefalls im Sinne von Nr. 4146 Satz 1 AR A-1340/49, wonach die Zuordnung zum nachfolgenden Offizieranwärterjahrgang unterbleiben kann, wenn Offizieranwärter den Ausbildungsrückstand auch ohne Wiederholung des gesamten Ausbildungsabschnitts aufholen können, ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die speziellere AR C2-227/0-0-5622 sieht eine solche Ausnahmeregelung im Übrigen nicht vor.

36 3. Der Senat konnte trotz des Antrags des Antragstellers auf "Öffentlichkeit" ohne mündliche Verhandlung entscheiden, selbst wenn es sich dabei um einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gehandelt haben sollte. Nach § 18 Abs. 2 Satz 3 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) entscheidet das Truppendienstgericht ohne mündliche Verhandlung, kann jedoch mündliche Verhandlung anberaumen, wenn es dies für erforderlich hält. Das war vorliegend nicht der Fall.

37 Eine öffentliche mündliche Verhandlung war auch nicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) geboten, wonach im Falle eines Antrages die mündliche Verhandlung grundsätzlich durchgeführt werden muss (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 28. September 2021 - 2 WNB 2.21 - BVerwGE 173, 290 Rn. 11 ff. m. w. N.). Das ist jedoch insbesondere dann nicht der Fall, wenn es nicht um Glaubwürdigkeit geht oder um streitige Tatsachen, weiter, wenn es nur um Rechtsfragen oder sehr technische Fragen geht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. September 2022 - 1 WB 8.22 - NVwZ-RR 2023, 153 Rn. 15 und vom 30. Oktober 2024 ‌- 1 WB 14.24 - juris Rn. 36, jeweils m. w. N.).

38 So liegt es hier. Wie sich aus den Ausführungen unter 2. a) und b) ergibt, ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung schon aus Rechtsgründen unzulässig. Der Vortrag des Antragstellers enthält auch weder ausdrückliche Beweisanträge, noch drängt sich sonst die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf.

39 4. Die vom Antragsteller beantragte "Einbeziehung des Vertreters des Bundesinteresses" wäre nicht zulässig. Nach § 35 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann sich der Vertreter des Bundesinteresses an jedem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beteiligen (Halbsatz 1). Das gilt jedoch nicht für Verfahren vor den Wehrdienstsenaten (Halbsatz 2). Für diese Verfahren ist der Bundeswehrdisziplinaranwalt zuständig (vgl. BT-Drs. 14/5529 S. 65 und § 21 Abs. 3 Satz 2 WBO), der im Übrigen über die Verfahrensinhalte fortlaufend Kenntnis erhalten hat.